So mancher Leser lässt sich von seinen Gefühlen, seinen Emotionen, der Optik des Hundes leiten, ohne sich genau mit dem Thema „Adoption eines Tierheimhundes“ auseinander zu setzen.
Wichtige Fragen dabei sind u.a. „Passt der Hund eigentlich zu mir?“ - „Kann ich ihm und seinem Bedürfnissen in meinem Alltag gerecht werden?“ und „Habe ich die notwendige Erfahrung, um diesem Hundetyp - z.B. ängstlicher Hund - helfen zu können?".
Um all diese Fragen klären zu können, ist es notwendig, ein ausführliches Gespräch mit dem Interessenten zu führen. Natürlich ist es für jeden Hund ein Segen, wenn er endlich das Tierheim verlassen kann, aber Mensch und Hund müssen auch zusammen passen. Eine unüberlegte und spontane Adoption kann für alle Beteiligten traurige Folgen haben.
Die Familie muss sich von dem Hund trennen, der Vierbeiner versteht den erneuten Verlust seiner Familie nicht und der Verein ist gefordert schnellstens eine Pflegestelle zu finden. Gelingt dies nicht, muss der Hund vorübergehend in einer Pension untergebracht werden.
Leidtragender ist und bleibt der Hund, der wieder hinter Gittern sitzt. Daher gilt es im Vorfeld alle eventuellen Probleme anzusprechen, zu überdenken und auszuschließen. Es macht daher keinen Sinn falsche oder "geschönte" Angaben zu machen. Ist der Hund erst einmal da, werden die Probleme offensichtlich.
Voraussetzung ist daher ein ehrliches und offenes Gespräch, um sich ein genaues Bild der Lebensumstände machen zu können. Ebenso ist es wichtig, dass man die zu vermittelnden Hunde kennt.
Durch unsere Besuche im Tierheim und dem guten Kontakt zum Tierheimpersonal können wir uns intensiv mit den Hunden beschäftigen, sie im Verbund mit anderen Hunden erleben, ihr Wesen und ihren Bewegungsdrang in Augenschein nehmen. Auch zu ihrem Laufbild bzw.ihrer gesamten Motorik können die Fragen zum Hund schnell beantwortet werden. Daher ist auch eine Einschätzung möglich, welcher Haushalt für den Vierbeiner geeignet ist und ob Interessent und Hund zusammen passen. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass unsere Einschätzungen auf das Verhalten im Tierheim basieren. Wie die Entwicklung außerhalb des Zwingers aussieht, wie sich das Leben im Laufe der Zeit in einem Haushalt gestalten wird, dafür kann keine zuverlässige Prognose abgegeben werden.
Zur Sicherheit findet noch ein Vorbesuch bei dem eventuellen Adoptanten statt. In Tierschutzkreisen wird es auch „Vorkontrolle“ genannt, was bei vielen Interessenten ein großes Unbehagen auslöst. Natürlich wird bei dem Besuch die Wohnsituation in Augenschein genommen und die gemachten Angaben überprüft, aber es ist und darf kein Eingriff in Ihre Privatsphäre sein und sollte auch nicht als solcher gewertet werden. Es bietet nur noch einmal die Gelegenheit Fragen zu stellen, eventuell die letzten Zweifel auszuräumen und die getroffene Entscheidung erneut zu überdenken.
Erst wenn der Vorbesuch positiv abgeschlossen werden konnte und wir Ihre Zusage bekommen, wird der Hund für die Ausreise vorbereitet.
Wir suchen dann – falls wir nicht selbst den Transport fahren – nach einer Reisemöglichkeit für den Hund. Entweder mit einem erfahrenen und zugelassenen Tier-Transportunternehmen oder durch einen Flugpaten. Alles in Absprache mit Ihnen, damit Sie in Ruhe Ihre Vorbereitungen treffen können.
Wenn alles organisiert ist, erhalten Sie die Information wann und wo Sie Ihren Hund abholen können. Bringen Sie bitte zur Übergabe eine Leine, ein paar Hundeleckerlis und auch Zeit mit. Nach einem erfolgreichen Kennenlernen, einem Spaziergang und einer eventuellen Zusammenführung mit Ihrem Ersthund geht es für den Vierbeiner dann endlich nach Hause.
Damit ist aber unsere Arbeit noch nicht beendet. Wir begleiten Sie gerne die ersten Tage und Wochen. Auch das sollte nicht als Kontrolle gewertet werden. Tauchen Probleme auf oder das Verhalten des Hundes kommt Ihnen in manchen Situationen „spanisch“ vor, erwarten wir von Ihnen, dass Sie sich sofort mit uns in Verbindung setzen.
Auch wenn das Vorleben des Hundes in den meisten Fällen nicht bekannt ist, so lassen sich anhand von typischen Reaktionen in den unterschiedlichsten Situationen Rückschlüsse ziehen. Z.B. Ängste vor Leinen, Besen, Staubsaugern, aber auch Schuhen, Stiefeln, Flaschen, Zigaretten, Kellerräumen etc., um nur einiges zu nennen. All dies hat mit den schlechten Erfahrungen des Hundes zu tun und ist ein Problem, aber kein unlösbares. Jede Reaktion des Hundes sollte genau beobachtet werden und in einem Gespräch werden wir Ihnen und Ihrem Vierbeiner sicherlich helfen können. Einen genau definierten Leitfaden gibt es dafür nicht, es müssen etliche Faktoren wie z.B. Alter, Charakter, Temperament und auch die allgemeine Sicherheit des Hundes mit einbezogen werden.
Da wir selbst immer mit diesen Tierheimhunden arbeiten, auch mit ängstlich Hunden und Angsthunden, können wir auf viele Erfahrungen zurückgreifen. Trotzdem werden auch wir ab und an von so mancher Reaktion überrascht. Die "Gewalt- und Misshandlungs-Phantasien" des Menschen kennen leider keine Grenzen.
Probleme sollten daher sofort besprochen, in Angriff genommen und somit gelöst werden. Eine wichtige Voraussetzung für ein unbeschwertes und glückliches Zusammenleben mit Ihrem neuen Familienmitglied.